Samstag, 15. März 2014

Review: „Grand Budapest Hotel“ ist ein (un-)typischer Wes Anderson Film



Ach ja, und er ist gut. 

von Henni

 

Gustave H. (Ralph Fiennes) ist der weltberühmte Concierge im Grand Budapest Hotel in Zubrowka. Er ist großartig in seinem Job, trägt literweise Parfüm, ist vielleicht bisexuell und schläft mit reihenweise älteren Millionärinnen, die sein Hotel besuchen. Als Madame D. (Tilda Swinton), eine seiner Liebhaberinnen, ermordet wird, wird Gustave H. verdächtigt und mit seinem neuen Lobby Boy Zero Moustafa (Tony Revolori) in ein Abenteuer gezogen.

Das Ganze wird erzählt als eine Geschichte in einer Geschichte über einen Autor, der die Geschichte von Gustave erzählt bekommt. Das sind ganze vier Zeitebenen, die von 1932 bis in die heutige Zeit reichen. Außerdem lernt Lobby Boy Zero seine erste große Liebe Agatha (Saoirse Ronan) kennen, der Faschismus ist auf dem Vormarsch in Zubrowka, neue Morde geschehen, Bill Murray, Jason Schwartzman, Harvey Keitel und viele andere große Namen tauchen auf und Owen Wilson und Owen Wilson II (Edward Norton) sind zusammen in einer Szene ohne, dass das Universum implodiert.

Zu sagen, dass Wes Andersons neuer Film Grand Budapest Hotel vollgestopft ist, ist noch untertrieben. Umso beeindruckender ist es, dass Anderson es schafft, dass der Film funktioniert. Das allein wäre schon Leistung genug, aber Anderson gelingt es sogar aus all diesen Einzelteilen ein kleines Meisterwerk zu schaffen. Dabei bleibt er sich gleichzeitig selber treu und schlägt neue Wege ein.

Visuell ist der Film eindeutig in Andersons typischer Ästhetik beheimatet. Alles ist farbenfroh, es laufen viele Männer mit Schnurbärten herum und Modelle und Stop Motion werden für Landschaftsaufnahmen und Actionszenen benutzt. Gleichzeitig fehlen aber auch typische Anderson Stilmittel wie Slow Motion und ein britisch angehauchter Soundtrack.

Das Krimi Genre ist ebenfalls Neuland für Anderson. Die eigentliche Geschichte hat die typische Anderson Magie und wirkt märchenhaft, wie immer, ist aber trotzdem seine bisher düsterste Arbeit. So gibt es z.B. Gewalt, abgehakte Körperteile und eine kurze explizite Sexszene zu betrachten. Das fällt aber nicht negativ auf, sondern fügt sich ins große Ganze ein.

Wenn man Grand Budapest Hotel eines vorwerfen kann, dann dass der Film seine Zeit braucht um in Fahrt zu kommen. Das ist auch wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Anderson 4 Zeitebenen und diverse Charaktere einführen muss. Danach nimmt der Film aber deutlich Fahrt auf und der Zuschauer wird für seine Geduld belohnt.

Schauspielerisch bietet der Film Wes Andersons bisher größtes Star Ensemble. Fast jede noch so kleine Nebenrolle ist mit einem großen Namen besetzt. Das ist einerseits sehr beeindruckend, andererseits hat das auch zur Folge, dass z.B. der großartige Bill Murray nur zwei Szenen im ganzen Film hat. Ich hätte mir deshalb von vielen der Nebenfiguren mehr gewünscht. Trotzdem liefert jeder sein bestes ab. Besonders Adrien Brody und Willem Dafoe stechen als wunderbar böse Schurken heraus.

Der Star der Show ist aber ohne Zweifel Ralph Fiennes. Er gibt hier eine der besten Performances seiner Karriere ab und das hat bei ihm schon was zu sagen. Sein Gustav H. ist eine der besten Figuren in Andersons Gesamtwerk und schafft mühelos jeden Sprung egal ob von charmant zu einsam oder von einer Gedichtrezitation zu einem lautstarken „Fuck it!“. Dabei nutzt Fiennes sowohl sein Talent für Drama, als auch sein Talent für Comedy voll aus.

Neben dieser Performnace nicht unterzugehen, wäre schon eine Leistung, aber Newcomer Tony Revolory schafft es Fiennes die Stirn zu bieten. Was als eine reine Sidekick Rolle beginnt, wird im Laufe des Films zu Gustave Hs einzigem Freund und Vertrauten. Dabei lässt sich Revolory selbst wenn er nur als Stichwortgeber für Fiennes fungiert nie überschatten und legt in Gesten wie ein simples Nicken eine Mischung aus Einschüchterung und Bewunderung.

Grand Budapest Hotel fordert zu Beginn Geduld und Vertrauen von seinen Zuschauern und wirkt auf den ersten Blick schwer zugänglich. Doch sobald der Film wirklich loslegt, belohnt er sein Publikum reichlich. Für Wes Anderson Fans ist der Film ohnehin schon ein Muss, aber auch jeder andere kann hier fündig werden.

PS: Was ist eigentlich mit der FSK los? Wieso ist dieser Film ab 12? Nicht, dass ich prüde wäre, aber bei der Gewalt, dem Sex und dem Gefluche in Grand Budapest Hotel wirkt diese Einstufung unpassend.

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