Der „Top“-Teil
des Titels ist eine Lüge!
von Henni
Wer
meine Top 10 gelesen hat, weiß dass ich begeistert vom Filmjahr 2014 bin.
Voreiligerweise habe ich darin aber auch geschrieben, dass ich zu faul war über
mehr als 10 gute Filme zu schreiben (oder 13 wenn man’s genau nimmt). Gute
Neuigkeiten, ich habe doch mehr Arbeitstier in mir stecken, als ich dachte.
Außerdem tat es mir bei vielen Filmen leid, dass ich dieses Jahr nicht dazu
gekommen bin etwas über sie zu schreiben.
Deswegen
habe ich noch einmal 10 Filme dieses Jahres rausgesucht, die ich auf jeden Fall
noch empfehlen wollte. Das hier ist aber keine Top 10 und dementsprechend sind
sie nur alphabetisch geordnet. Manche der Filme sind sehr bekannt, manche
weniger. Sehenswert sind sie alle. Vielleicht ist ja was für euch dabei.
Blue Ruin
Blue Ruin alleine
rechtfertigt die Existenz von Kickstarter-Projekten. Es ist ein Film wie kaum
ein zweiter: ein Anti-Rache Rache-Thriller. Blue Ruin beginnt dabei direkt mit der Rache. Bereits nach 15
Minuten ist der vermeintliche Mörder der Eltern der Hauptfigur tot. Der Rest
des Films dreht sich um die Konsequenzen dieser Tat, denn Rache bringt nicht
den erhofften Frieden, sondern nur noch mehr Gewalt. Blue Ruin ist dabei nicht nur nachdenklich und thematisch komplex,
sondern vor allem auch spannend und unterhaltsam.
Captain America:
The Winter Soldier
Ich
weigere mich diesen Film The Return of
the First Avenger zu nennen. Dass er nach Guardians of the Galaxy nur der zweitbeste Marvel Film des Jahres
ist, ist der Wahnsinn. Denn Cap hat auch einiges zu bieten. Die lebende
Verkörperung des idealen Amerikas wird mit der modernen Pervertierung seiner
Ideale konfrontiert: Drohnen, Überwachungsstaat und Paranoia. The Winter Soldier’s Auseinandersetzung
mit diesen Themen kann als eine verspätete Antwort auf die Pro-Bush Politik von
The Dark Knight gesehen werden. Und
ich weiß nicht wie’s euch geht, aber ich würde mich dabei immer auf Cap’s Seite
schlagen. Er hat nicht nur die besseren Argumente, sondern auch die besseren
Action Szenen.
Edge of Tomorrow
Es
ist eine Schande, dass dieser Film kein größerer Hit war. Edge of Tommorow ist eigentlich alles was ein Sommer Blockbuster
sein sollte, aber er hat aus irgendeinem Grund leider kein Publikum gefunden.
Vielleicht lag’s am doofen Titel. Dahinter verbirgt sich aber ein perfekt
erzählter, kompakter kleiner Science Fiction Film. Vor allem der 3. Akt des Films
gehört zu den spannendsten Sequenzen des ganzen Kinojahres. Aber auch der Humor
kommt nicht zu kurz. Denn Edge of
Tommorow versteht es, dass ein im Minutentakt immer wieder sterbender Tom
Cruise Comedy-Gold ist. Abgerundet wird der Film durch einen perfekten Schnitt
(im Ernst, der Film ist unglaublich präzise geschnitten) und das hervorragend
aufgelegte Duo Tom Cruise und Emily Blunt.
Grand Piano
Wenn
ein Thriller gut ist, ist es bei Kritikern Gang und Gebe ihn in „neuen
Hitchcocks“ zu messen. Aber selten war dieses Kompliment so angebracht wie bei Grand Piano. Der Film ist klassischer
Hitchcock durch und durch. Ein Jedermann wird plötzlich in eine bizarre
mörderische Situation und kann sich nur auf seinen Verstand verlassen um zu
überleben. Die Situation? Der beste Konzertpianist der Welt wird bei einer
Aufführung von einem Scharfschützen bedroht, erschossen zu werden, wenn er auch
nur eine falsche Note spielt. Grand
Piano baut clever auf dieser Prämisse auf und kurbelt die Spannung
erbarmungslos an. Was den Film dabei wirklich Hitchcockian macht, ist die Art
und Weise wie die wenigen Gadgets genutzt werden, die der Hauptfigur zur
Verfügung stehen. Ich will nicht zuviel verraten, aber hätte es zu Hitchcocks
Zeiten Handys und Tablets gegeben, hätte er wahrscheinlich kaum eine bessere
cineastische Verwendung für sie finden können als Grand Piano. Oh, und Elijah Wood spielt die Hauptrolle. Was kann
man mehr wollen?
Her
Gute
Science Fiction benutzt Technologie als erzählerisches Mittel um sich mit
großen existenziellen Fragen auseinander zu setzen. Her ist ein Paradebeispiel dafür. Anhand von Joaquin Phoenix
Beziehung mit Scarlett Johannsons künstlicher Intelligenz Samantha versucht der
Film zu ergründen was künstliche Intelligenz ist, was Liebe ausmacht und wie
generell unsere Zukunft als Menschheit aussehen wird. Die Antworten sind
geprägt von einem wunderbar optimistischen Humanismus. Her funktioniert aber nicht nur als Science Fiction, sondern auch
einfach als Romanze (sogar besser als die meisten „echten“ Romanzen dieses
Jahres). Ein rundum gelungener Film.
Noah
Die
interessantesten Filme über Religion sind für mich diejenigen, die sich nicht
sicher sind. Nicht die, die den Glauben ihrer Zuschauer nur bestätigen wollen,
sondern die, die sich wirklich mit Fragen und Zweifeln auseinander setzen. Denn
das ist sehr viel näher dran an der Gleubensrealität der meisten Menschen. Noah ist ganz simpel gesagt der Versuch
die biblische Vorlagegeschichte zu verstehen. Was bedeutet es, dass alle
Menschen bis auf Noah in der Sintflut umkommen? Was sagt diese Geschichte über
Gott? Was sagt sie über Noah? Ist er Held oder Schurke in seiner Geschichte?
Die Antworten überlässt der Film seinem Publikum selber. Genau so macht man
alte Geschichten wieder relevant und interessant.
Nightcrawler
Nightcrawler ist so gut
geschrieben, dass mir beim Schauen vor lauter Staunen teilweise der Atem
wegblieb. Insbesondere die Essenszene in der Mitte des Films gehört mit zum
Besten, was ich dieses Jahr gesehen habe. Jake Gyllenhaal offenbart seiner
Chefin Rene Russo wie gefährlich er wirklich ist und sie bemerkt in diesem
Moment wie bereit sie tatsächlich ist ihr eigenes Wohlergehen und ihre eigenen
Ideale für ihren Erfolg zu kompromittieren. Es ist eine unglaublich subtile,
perfekt gespielte Szene und gefilmte Szene. Nicht mal die eskalierende Gewalt
gegen Ende des Films kann diesen Moment überbieten. Was nicht bedeuten soll,
dass der Rest des Film schlecht wäre. Ganz im Gegenteil, Nightcrawler ist ein durch und durch fantastische Thriller mit
einem noch nie so gut gewesenen Jake Gyllenhaal. Die Essenszene ist nur die
perfekte Krönung eines ohnehin schon beeindruckenden Films.
Snowpiercer
Und
der dritte Science Fiction Film auf dieser Liste. 2014 war wirklich gut für
dieses Genre. Von den drei Filmen ist Snowpiercer
auf jeden Fall der politischste. Die Metapher eines in arm und reich
unterteilten Zuges auf einer zu Tode gefrorenen Erde mag auf den ersten Blick
etwas zu offensichtlich wirken, doch es steckt etwas deutlich komplexeres unter
der Oberfläche. Der anfängliche Idealismus weicht schnell Pragmatismus und die
für die Revolution erbrachten Opfer sind enorm. Am Ende mag man als Zuschauer
beinahe verzweifeln, ob sich überhaupt je etwas zum Besseren wenden kann. Aber
ein kleines bisschen Hoffnung zeigt, dass enormes Leid manchmal der einzige Weg
zu einem besseren Morgen sein kann.
The Double
Richard
Ayoade dürfte den meisten als „Der Typ mit Brille“ aus IT-Crowd bekannt sein. Das ist eigentlich schon ein angemessenes
Vermächtnis, aber er hat als Künstler noch sehr viel mehr zu bieten. Als
Regisseur und Autor ist er überraschend vielseitig und hat u.a. bei einer der
besten Folgen Community Regie
geführt und den wunderbaren Wes-Andersonigen Film Submarine zu verantworten. The
Double ist nun wieder etwas völlig anderes. Basierend auf Dostoyevskis
gleichnamiger Geschichte entwirft Ayoade einen wunderbar surrealen und düsteren
visuellen Alptraum. Jesse Eisenberg spielt eine beeindruckende Doppelrolle als
schüchterner Simon James, der auf seinen scheinbar identischen bösen Zwilling
James Simon trifft. James ist genau der Mensch, der Simon gerne wäre:
Erfolgreich, charmant und gutaussehend. James verliert sich so in seiner
Eifersucht, dass man schon bald nicht mehr weiß wer von beiden wirklich der
böse Zwilling ist. The Double ist
ein wunderbarer Abstieg in eine dunkle und kranke Welt und fragt uns
letztendlich wie viel uns wirklich an unserer eigenen Identität liegt.
22 Jump Street
2014
war auch das Jahr von Phil Lord und Chris Miller. Mit The Lego Movie und 22 Jump
Street haben sie zwei der verrücktesten und besten Filme des Jahres
abgeliefert. Genau wie bei The Lego
Movie klingt die Prämisse des Films furchtbar: das Sequel zum Reboot einer
80er Jahre Krimiserie. Aber die beiden wahnsinnigen Genies haben genau das zum
Thema und größten Gag des Films gemacht. 22
Jump Street ist eine Persiflage schlechter Hollywood Entscheidungen im
Allgemeinen und teuer produzierter Comedy Sequels im Spezifischen. Es gelingt
ihm dabei lässig nebenbei noch der witzigste Film des Jahres zu sein. Das liegt
zur Hälfte am fantastischen Skript und zur anderen Hälfte daran, dass Jonah
Hill und Channing Tatum ein perfekt aufeinander abgestimmtes Comedy Duo sind.
Die beiden sind hier wirklich in Höchstform und es ist eine Freude ihnen
zuzugucken. Es lohnt sich übrigens den Abspann abzuwarten. Er ist der perfekte
Ausklang für einen großartigen Film.
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