Die Kritik an
„Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D“ bringt Henni zum Philosophieren
Seit
gut einem Monat läuft die erste Fernsehserie aus dem Marvel-Film Universum Agents of S.H.I.E.L.D. nun schon und
bis jetzt weiß sie mich zu unterhalten. Sie ist zwar (noch?) nicht die neue
Topserie, die sich viele erhofft hatten, und bleibt meiner Meinung nach auch
(noch?) hinter Seriengott Joss Whedons anderen Serien zurück, aber mal ehrlich:
es liefen erst 4 Folgen.
Trotzdem
gibt es schon eine Konstante in der Kritik an der Serie. In den Augen vieler
Zuschauer hat die Serie noch keinen deutlich genugen roten Faden. Das hat sich
mit der neuesten vierten Episode zwar geändert, aber ich würde diese Beschwerde
dennoch gerne etwas näher unter die Lupe nehmen. Denn sie ist Zeichen einer
immer häufiger auftretenden Mentalität: den Roter-Faden-Fetischisten, kurz
RoFaFe.
Durch
die Entwicklung, die Fernsehserien in den letzten beiden Jahrzehnten
unterlaufen haben, gibt es heutzutage so viele Serien mit übergreifender
Rahmenhandlung und/oder einer Erzählweise, die völlig auf alleinstehende
Episoden verzichtet, wie noch nie. Irgendwie führte dies bei vielen Zuschauern
zu der Überzeugung, dass diese neuen Arten des Erzählens grundsätzlich besser
sind, als das klassische episodische Erzählen. Und das ist Quatsch.
Denn
wie jede Form des Geschichtenerzählens hat auch der rote Faden seine Nachteile.
Für jedes The Wire (gut) gibt es auch
ein Game of Thrones (schlecht). Natürlich
kann man mit dieser Erzählart Charaktere auf detailierteste Art beleuchten. Man
kann aber auch einfach unnötig langsam erzählen und völlig nichtige Geschichten
zu abnormalen Größen aufpusten. Man kann überlangen Film aus Einzelepisoden
schaffen und dadurch mehr Zeit zur Verfügung haben, als es ein anderes Medium
ermöglichen würde. Man kann aber auch einfach nur Episoden mit langweiligem
Füllmaterial strecken um auf die vom Sender bestellte Episodenanzahl zu kommen.
Dies
macht viele aktuelle Serien für mich fast unansehbar. Und das sage ich als
großer Michael Haneke Fan, aber auch meine Geduld ist irgendwann
überstrapaziert. Game of Thrones
hätte besser mit der Hälfte der Episoden und Charaktere funktioniert. Dann wäre
es zumindest eine leicht trashige Fantasy-Serie für zwischendurch gewesen. In
seiner jetzigen Form ist es aber eine quälend langsame Soap, die sich durch ihr
Format zu einer Bedeutung aufplustert, die es nicht hat. The Walking Dead hätte unterhaltsam sein können, anstatt jede
Kleinigkeit bis zur Unendlichkeit auszudehnen. Und die Liste geht weiter Spartacus, Torchwood:Miracle Day und so weiter, und so weiter.
Und
wenn wir ganz ehrlich sind, haben selbst gute Serien mit rotem Faden diese
Probleme. Ich mag Breaking Bad, aber
man könnte vermutlich mehrere Episoden pro Staffel streichen ohne auf wirklich
Essentielles zu verzichten.
Episodisches
Erzählen hingegen hat mit seiner einen Geschichte pro Folge immer ein Ziel vor
Augen und muss zwingend Drama erzeugen um seine Zuschauer nicht zu verlieren.
Klar könnte man hier sogar noch leichter Folgen auslassen, aber dafür hat es
auch nicht so viele Episoden durch die man sich durchkämpfen müsste.
Außerdem
erlaubt episodisches Erzählen mehr Experimentierfreude, als ein roter Faden.
Man kann in einzelnen Episoden völlig irre Konzepte ausprobieren. Die Serien,
die dies wohl am besten gemacht haben sind Buffy
und Community. Eine Folge, die für
einen Großteil ihrer Zeit völlig ohne Dialog auskommt? Buffy hat’s gemacht. Eine
Folge völlig ohne Musik, die in im Fernsehen so nie dagewesener Form das Thema
Tod behandelt? Gab’s bei Buffy. Eine
Folge, die sechs verschiedene Zeitstränge erzählt, die sich aus einer eher
unbedeutenden Handlung ergeben? Community
war’s. Eine Folge über eine episches Paintball-Turnier, die ein besserer
Actionfilm als die meisten Actionfilme ist? Gab’s auch bei Community.
Natürlich
hat auch diese Form des Erzählens seine Nachteile. Sie kann zu
abweschlungsarmen Wohfühlfernsehen verkommen, das seine Zuschauer in keinster
Weise fordern will. Sie kann als Ausrede fungieren um die exakt gleiche
Geschichte 22 mal pro Staffel zu erzählen, anstatt sich mühsam neue Ideen
einfallen zu lassen.
Doch
in seinen besten Momenten zeigt episodisches Erzählen wozu Fernsehen in der
Lage sein kann. Und genau so tut es staffelübergreifendes Erzählen. Denn beides
sind nur Werkzeuge, die in der richtigen Hand Großes und in der falschen Hand
gar nichts schaffen. Zu sagen welches von beidem grundsätzlich besser ist, ist
wie ein Vergleich zwischen Farben. Manche sind für mache Aufgaben besser
geeignet, aber wer ernsthaft an eine „beste“ Farbe glaubt wäre der
meist-gehasste Kunstlehrer aller Zeiten.
H.
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