Dienstag, 15. April 2014

Warum ist die Beziehung zwischen einem Mensch und einem Computer romantischer als so viele „echte“ romantische Filme?



Oder: „her“ ist besser als Matthias Schweighöfer.

von Henni


Spike Jonzes her ist ein fantastischer Film über die Beziehung von Einzelgänger Theodore (Joaquin Phoenix) und der künstlichen Intelligenz Samantha (Scarlett Johnansson). Die Performances sind beeindruckend und der Film funktioniert sowohl als Science Fiction Film, als auch als Romanze.

Gerade letzteres ist faszinierend, denn wie gesagt es geht quasi um die Beziehung eines Menschen mit seinem Handy. Trotzdem ist der Film tatsächlich romantisch und zeigt eine sehr viel gesündere Beziehung als die meisten Filme, die sich als romantische Komödien oder Romanzen bezeichnen. Aber warum genau funktioniert her so viel besser als Twilight oder Vaterfreuden? Hier sind 4 Gründe, die mir einfielen.

4. Die Charaktere sind tatsächlich Charaktere

 
Viele Romanzen funktionieren als Eskapismus und richten sich an Leute, die einfach ihrem Alltag entfliehen wollen. Und nichts ist schöner als die Vorstellung von dem perfekten Mann/der perfekten Frau glücklich gemacht zu werden ohne selber etwas dafür tun zu müssen.

Damit diese Fantasie funktioniert muss der/die Protagonist/in aber so wenig wie möglich charakterisiert werden, damit man sich als Leser/Zuschauer einfach in ihn/sie hineinversetzten kann. Das Objekt der Begierde bleibt ähnlich kantenlos und wird oft nur mit Adjektiven wie „wunderbar“ beschrieben. Auch es soll als Projektionsfläche für möglich viele Leute funktionieren. Die meisten Geschichten von Rosamunde Pilcher verlaufen nach diesem Schema.

Das Problem hierbei ist, dass man mit zwei kaum charakterisierten Figuren keine guten Geschichten schreiben kann. Denn warum soll es einen überhaupt kümmern ob die beiden zusammenkommen, wenn man nichts über sie weiß?

her schafft es einen Computer menschlicher zu machen als viele solcher Projektionsflächen Protagonisten. Samantha ist begeistert von der Welt, aber nicht zu kindisch. Sie ist manchmal versaut, einem One Night Stand nicht abgeneigt, aber auch selbstbestimmt. Theodore ist ebenso menschlich. Er ist einsam, aber nicht alleine. Hat Freunde, versinkt aber im Moment zu sehr in Selbstmitleid. Und er ist sich auch nicht zu schade bei einem anonymen Sex Chat mitzumachen.

Die Folge? Wir haben Figuren und damit einen Grund überhaupt emotional in den Film zu investieren.

3. Leute reden über ihre Probleme


 
Beziehungen sind nicht wirklich dramatisch. Man trifft sich ein paar Mal die Woche, redet über das was man erlebt hat, hat Sex und streitet sich manchmal. Das ist nicht unbedingt eine spannende Grundlage für einen Film. Wenn man trotzdem einen machen will, braucht man irgendeine Form von Konflikt.

Das erfordert natürlich einiges an Überlegung und Raffinesse. Wie baut man den Konflikt auf? Wie groß muss der Konflikt sein, dass er die Beziehung der Geschichte zerstören kann ohne so groß zu sein, dass er die Figuren zu sehr auseinanderreißt?

Faule Drehbuchschreiber beantworten diese Fragen mit: „Ach Scheiß drauf! Die beiden reden einfach nicht miteinander.“ So entstehen zwar auch Konflikte und Missverständnisse, aber sie wirken künstlich. Und wieso sollen einem die Hauptfiguren überhaupt wichtig sein, wenn sie nur wegen ihrer eigenen Dummheit Probleme haben? Ein Beispiel dafür wäre What a Man. Sämtliche Konflikte in dem Film gibt es nur, weil niemand miteinander redet.

In her reden Theo und Samantha über ihre Probleme. Egal ob es um Samanthas Unsicherheit keinen eigenen Körper zu haben oder um Theos Liebeskummer wegen seiner Ex-Frau geht. Selbst über die finale Erkenntnis, dass Samantha als Computer mehr als nur eine Beziehung führt wird geredet.

2. Keine künstlichen Konflikte im 3. Akt



Dies ist ähnlich wie Punkt 3. Um eine Beziehung unterhaltsam in einem Film umzusetzen, braucht sie einen Klimax. Ein letztes großes Problem, das überwunden werden muss oder an dem man scheitert. Was beim Actionfilm der letzte Boss ist, ist in der Romanze der Mann der durch den Regen läuft um doch noch seine Liebe zu gestehen.

Und das ist völlig okay, denn so funktionieren Geschichten nun mal. Problematisch wird es, wenn Autoren faul sind und anstatt einen wirklichen Grund für so einen Klimax zu finden den einfachen Weg gehen und eine der Figuren etwas Dummes und/oder Gemeines machen zu lassen, z.B.  ist Hugh Grants am Ende von Music an Lyrics nur deshalb zu Drew Barrymore ein Arschloch, damit er ihr danach seine Liebe beweisen kann.

her's finaler Konflikt macht Sinn. Samantha ist als Computer Theo einfach zu sehr überlegen und kann nicht nur mit ihm sprechen oder eine Beziehung nur mit ihm führen, sondern sie braucht mehr in ihrem Leben als er ihr bieten kann. Dieser Konflikt passt zur Charakterisierung von Sam und Theo. Er deutet sich im Verlauf des Films an. Und er ist glaubwürdig.

1. Kein Stalking




Es ist schlimm, dass man das noch sagen muss, aber Stalking ist nicht romantisch. Sorry, Jungs, aber niemand möchte verfolgt werden. Stalking ist bedrohlich und kriminell. Und trotzdem fallen mir spontan ganze 3 Filme eine (Twilight, Vaterfreuden und This is War) bei den Stalking als Liebesbeweis dargestellt wird. Wenn ich wirklich suchen würde, gäbe es wahrscheinlich noch viel mehr.

her tritt nicht in diese Falle und das obwohl sie sehr naheliegend ist, denn schließlich ist Samantha Theos Computer. Doch sie beobachtet ihn nie, wenn er das nicht will, und er wiederum versucht nicht sich in ihre Gefühle zu hacken oder sonst was. Sie gestehen sich gegenseitig ihre Privatsphäre zu. So wie normale Menschen halt.

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