Oder: „her“ ist
besser als Matthias Schweighöfer.
von Henni
Spike
Jonzes her ist ein fantastischer
Film über die Beziehung von Einzelgänger Theodore (Joaquin Phoenix) und der
künstlichen Intelligenz Samantha (Scarlett Johnansson). Die Performances sind beeindruckend
und der Film funktioniert sowohl als Science Fiction Film, als auch als
Romanze.
Gerade
letzteres ist faszinierend, denn wie gesagt es geht quasi um die Beziehung
eines Menschen mit seinem Handy. Trotzdem ist der Film tatsächlich romantisch
und zeigt eine sehr viel gesündere Beziehung als die meisten Filme, die sich als
romantische Komödien oder Romanzen bezeichnen. Aber warum genau funktioniert her so viel besser als Twilight oder Vaterfreuden? Hier sind 4 Gründe, die mir einfielen.
4. Die
Charaktere sind tatsächlich Charaktere
Viele
Romanzen funktionieren als Eskapismus und richten sich an Leute, die einfach
ihrem Alltag entfliehen wollen. Und nichts ist schöner als die Vorstellung von
dem perfekten Mann/der perfekten Frau glücklich gemacht zu werden ohne selber
etwas dafür tun zu müssen.
Damit
diese Fantasie funktioniert muss der/die Protagonist/in aber so wenig wie
möglich charakterisiert werden, damit man sich als Leser/Zuschauer einfach in
ihn/sie hineinversetzten kann. Das Objekt der Begierde bleibt ähnlich kantenlos
und wird oft nur mit Adjektiven wie „wunderbar“ beschrieben. Auch es soll als
Projektionsfläche für möglich viele Leute funktionieren. Die meisten
Geschichten von Rosamunde Pilcher verlaufen
nach diesem Schema.
Das
Problem hierbei ist, dass man mit zwei kaum charakterisierten Figuren keine
guten Geschichten schreiben kann. Denn warum soll es einen überhaupt kümmern ob
die beiden zusammenkommen, wenn man nichts über sie weiß?
her schafft es einen
Computer menschlicher zu machen als viele solcher Projektionsflächen
Protagonisten. Samantha ist begeistert von der Welt, aber nicht zu kindisch.
Sie ist manchmal versaut, einem One Night Stand nicht abgeneigt, aber auch
selbstbestimmt. Theodore ist ebenso menschlich. Er ist einsam, aber nicht
alleine. Hat Freunde, versinkt aber im Moment zu sehr in Selbstmitleid. Und er
ist sich auch nicht zu schade bei einem anonymen Sex Chat mitzumachen.
Die
Folge? Wir haben Figuren und damit einen Grund überhaupt emotional in den Film
zu investieren.
3. Leute reden
über ihre Probleme
Beziehungen
sind nicht wirklich dramatisch. Man trifft sich ein paar Mal die Woche, redet
über das was man erlebt hat, hat Sex und streitet sich manchmal. Das ist nicht
unbedingt eine spannende Grundlage für einen Film. Wenn man trotzdem einen
machen will, braucht man irgendeine Form von Konflikt.
Das
erfordert natürlich einiges an Überlegung und Raffinesse. Wie baut man den
Konflikt auf? Wie groß muss der Konflikt sein, dass er die Beziehung der
Geschichte zerstören kann ohne so groß zu sein, dass er die Figuren zu sehr
auseinanderreißt?
Faule
Drehbuchschreiber beantworten diese Fragen mit: „Ach Scheiß drauf! Die beiden
reden einfach nicht miteinander.“ So entstehen zwar auch Konflikte und
Missverständnisse, aber sie wirken künstlich. Und wieso sollen einem die
Hauptfiguren überhaupt wichtig sein, wenn sie nur wegen ihrer eigenen Dummheit
Probleme haben? Ein Beispiel dafür wäre What
a Man. Sämtliche Konflikte in dem Film gibt es nur, weil niemand
miteinander redet.
In
her reden Theo und Samantha über ihre
Probleme. Egal ob es um Samanthas Unsicherheit keinen eigenen Körper zu haben
oder um Theos Liebeskummer wegen seiner Ex-Frau geht. Selbst über die finale
Erkenntnis, dass Samantha als Computer mehr als nur eine Beziehung führt wird
geredet.
2. Keine künstlichen
Konflikte im 3. Akt
Dies
ist ähnlich wie Punkt 3. Um eine Beziehung unterhaltsam in einem Film
umzusetzen, braucht sie einen Klimax. Ein letztes großes Problem, das
überwunden werden muss oder an dem man scheitert. Was beim Actionfilm der letzte
Boss ist, ist in der Romanze der Mann der durch den Regen läuft um doch noch
seine Liebe zu gestehen.
Und
das ist völlig okay, denn so funktionieren Geschichten nun mal. Problematisch
wird es, wenn Autoren faul sind und anstatt einen wirklichen Grund für so einen
Klimax zu finden den einfachen Weg gehen und eine der Figuren etwas Dummes
und/oder Gemeines machen zu lassen, z.B. ist Hugh Grants am Ende von Music an Lyrics nur deshalb zu Drew
Barrymore ein Arschloch, damit er ihr danach seine Liebe beweisen kann.
her's finaler
Konflikt macht Sinn. Samantha ist als Computer Theo einfach zu sehr überlegen
und kann nicht nur mit ihm sprechen oder eine Beziehung nur mit ihm führen,
sondern sie braucht mehr in ihrem Leben als er ihr bieten kann. Dieser Konflikt
passt zur Charakterisierung von Sam und Theo. Er deutet sich im Verlauf des
Films an. Und er ist glaubwürdig.
1. Kein Stalking
Es
ist schlimm, dass man das noch sagen muss, aber Stalking ist nicht romantisch.
Sorry, Jungs, aber niemand möchte verfolgt werden. Stalking ist bedrohlich und
kriminell. Und trotzdem fallen mir spontan ganze 3 Filme eine (Twilight, Vaterfreuden und This is War)
bei den Stalking als Liebesbeweis dargestellt wird. Wenn ich wirklich suchen
würde, gäbe es wahrscheinlich noch viel mehr.
her tritt nicht in
diese Falle und das obwohl sie sehr naheliegend ist, denn schließlich ist
Samantha Theos Computer. Doch sie beobachtet ihn nie, wenn er das nicht will,
und er wiederum versucht nicht sich in ihre Gefühle zu hacken oder sonst was.
Sie gestehen sich gegenseitig ihre Privatsphäre zu. So wie normale Menschen
halt.
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