Henni blickt
zurück auf ALLE Harry Potter Filme.
von Henni
Ich
liebe Harry Potter.
Das
ist, denke ich, keine allzu kontroverse Aussage. Wenn es eine Geschichte gibt,
die unsere ganze Generation geprägt hat, dann war es die von Harry. Er war oft
derjenige, der uns zum Lesen gebracht hat. Wegen ihm standen wir nachts vor
Bücherläden und haben sehnsüchtig auf den neuen Band gewartet. Und durch ihn haben wir oft zum
ersten Mal verstanden was das Wort Adaption bedeutet; wenn wir nach dem neusten
Kinofilm stundenlang diskutiert haben, was anders war als im Buch.
Denn
soweit ich mich erinnern kann, waren die Potter Kinofilme immer etwas, was
hitzig diskutiert wurde. Den einen waren sie zu anders und es wurde jedes
fehlende Handlungselement hervorgehoben. Wieder andere fanden sie perfekt und
noch andere haben sich beschwert, dass man die Filme ohne die Bücher nicht
versteht. Ich war meistens irgendwo zwischen den ersten beiden Gruppen zu
finden, aber ich habe die Filme mittlerweile auch jahrelang nicht mehr gesehen.
Deshalb
habe ich mir gedacht, dass jetzt vielleicht genau der Moment wäre sie noch mal
mit neuen Augen zu betrachten. Also habe ich über die letzten Wochen verteilt
alle 8 Harry Potter Filme am Stück geguckt um zu schauen wie gut sie wirklich
als eigenständige Filme funktionieren. Ich wurde mehrfach überrascht.
1. Das Casting
ist von Anfang an perfekt!
Eigentlich
sollte das nicht so überraschend sein, wenn man bedenkt wie ikonisch viele der
Filmcharaktere geworden sind, aber gleich beim ersten Film ist mit klargeworden
wie gut das Casting tatsächlich war. So ziemlich jede Rolle ist fast perfekt
besetzt. Alan Rickman IST Snape, Maggie Smith IST Professor McGonagall, Robbie
Coltrane IST Hagrid. Der einzige, der
mir nicht ganz so gut gefallen hat, ist Richard Harris als Dumbledore. Das aber
wahrscheinlich nur, weil mittlerweile Michael Gambon diese Rolle so sehr für
sich in Anspruch genommen hat.
Und
das fantastische Casting bleibt so für den Rest der Serie. Kenneth Branagh als
Gilderoy Lockhart? Genial. Brendan Gleeson als Mad-Eye Moody? Fantastisch. Helena
Bonham Carter als Bellatrix Lestrange? Toll. Jim Broadbent als Horace Slughorn?
Perfekt. Und Ralph Fiennes als Voldemeort? Einer der besten Kinoschurken
unserer Zeit.
Und
das sind ja nur die Erwachsenen. Kinder zu casten ist noch viel, viel
schwieriger vor allem für eine so lange Filmreihe. Aber auch hier findet man
richtige Entscheidung um richtige Entscheidung. Daniel Radcliffe ist von der
ersten Minute an liebenswert. Rupert Grint ist witzig und Emma Watson strahlt
schon als Kind unglaubliche Würde aus. Und die Chemie der Drei stimmt von der
ersten Szene an. Aber auch ihre Mitschüler sind fantastisch. Wann war ein Kind
das letzte Mal so hassenswert wie Tom Feltons Draco? Und das dann in den
letzten Filmen umzudrehen und ihn sympathisch(er) darzustellen? Eine tolle Leistung.
Oder Matthew Lewis als Neville. Auch eine tolle Gradwanderung zwischen
lächerlich, bemitleidenswert, stark und witzig.
All
diese Darstellung werden meiner Meinung nach auch zu leicht übersehen. Viele
Leute glauben bis heute, dass Radcliffe und Co keine besonders guten
Schauspieler sind. Was diese Leute übersehen ist was es alleine schon für eine
Leistung ist in einem Film nicht unterzugehen, wenn man von Größen wie Alan
Rickman, Michael Gambon, Gary Oldman etc. umgeben ist. Und das noch als Kind zu
schaffen? Das ist mehr als beeindruckend.
2. Die Sets sind
beeindruckend!
Die
Filme haben Glück, dass sie einen durchgehenden Production Designer hatten:
Stuart Craig. Das schafft trotz der sich abwechselnden Regisseure eine
durchgehende Ästhetik. Und was für eine! Die Sets, die Craig und sein Team
zusammengezaubert haben, sind fantastisch. Man hätte sich kaum eine bessere
Visualisierung von J.K. Rowlings Welt vorstellen können.
Mittlerweile
gibt es auch mehrere Parks und eine Ausstellung in London, in denen man die
Sets oder Nachbauten von ihnen bestaunen kann. Wie viele andere Filme können
schon von sich behaupten, dass die Welt, die sie erschaffen haben, so ikonisch
geworden ist, dass normale Kinogänger sich für die Sets aus diesen Filmen
interessieren?
3. Hogwarts
ändert sich.
Trotz
des gleichen Production Designers ändert sich Hogwarts teilweise von Film zu
Film. Manchmal kommen nur neue Teile zum Schloss dazu, wie der Astronomieturm
und die Holzbrücke im dritten Teil, aber manchmal ändern sich auch schon
bekannte Sets, wie der Gryffindor Aufenthaltsraum, deutlich.
Das
stört nicht besonders, aber es ist interessant zu beobachten.
4. Die
verschiedenen Regisseure
Vier
verschiedene Regisseure haben der Filmreihe ihren Stempel aufgedrückt. Chris
Columbus (Film I und II), Alfonso Cuarón (Film III), Mike Newell (Film IV) und
David Yates (Film V bis VIII).
Chris
Columbus kann man vor allem dafür danken, dass er am Anfang der Reihe genau die
richtigen Talente versammelt hat. Aber seine Regie ist… okay. Er inszeniert
alles sehr flach und ordinär, lockt aber tolle Performances aus einer Gruppe Kinder
heraus. Alfonso Cuarón ist einer der großen Meister des Kinos. Er schafft es im
dritten Teil die Welt von Harry Potter einzufangen wie niemand vor oder nach
ihm. Alleine seine Kamerafahrten durch Hogwarts gehören visuell zum Besten der
ganzen Serie.
Mike
Newell kann da nicht herankommen, aber er inszeniert den vierten Teil zumindest
aufregender als Chris Columbus. David Yates fällt irgendwo zwischen Cuarón und
Newell. Er ist erfinderischer als Newell, hat aber auch einige seltsame
Ausreißer. Das merkt man vor allem im fünften und sechsten Teil. Dort gibt es
einige wirklich komische Perspektiven (z.B. dreht Yates im fünften Teil ohne
ersichtlichen Grund manche Einstellungen kopfüber) und einige sehr unsaubere
Schnitte. Die letzten beiden Teile inszeniert Yates aber absolut sicher und sie
sind von der Regie her das Beste der Serie nach Cuarón.
Insgesamt
hätte ich mir aber mehr gewünscht. Sowohl mehr Cuarón als auch mehr
Abwechslung. Vor allem wenn man bedenkt was alles zu gewissen Zeitpunkten
geplant war. Cuarón sollte ursprünglich auch noch den vierten Teil drehen.
Außerdem wurde mit verschiedensten anderen Regisseuren verhandelt, darunter so
Größen wie Steven Spielberg, Terry Gilliam und Guillermo del Toro. Ich wüsste
zu gerne wie deren Vision ausgesehen hätte.
5. Es passiert
viel…
Harry
Potter war eine sehr schwer zu adaptierende Buchreihe. Da sie zum Teil im
Bildungsroman Genre zuhause sind, sind die Romane vollgestopft mit Details,
Nebenfiguren und kleinen, aber wichtigen Momenten. Außerdem bauen die Bücher
nicht auf einer Szene-für-Szene Dramaturgie wie in einem Film auf, sondern
Entwicklungen ziehen sich langsam über längere, in der Erzählung
zusammengefasste Zeiträume. Außerdem ist ein Film generell eh begrenzter als
ein Buch, weil ein Film dafür gedacht ist am Stück konsumiert zu werden und
deswegen selten über zwei oder drei Stunden geht. Wohingegen ein Buch nicht am
Stück gelesen werden muss und deswegen theoretisch kein Seitenlimit hat.
Eine
so umfangreiche Erzählung in einem begrenzten Zeitrahmen einzufangen hat zur
Folge, dass die Filme wirklich bis zum Rand mit Handlung vollgestopft sind.
Teilweise werden Subplots in nur ein paar Szenen abgehandelt. In Der Stein der Weisen z.B. zeigt Hagrid
Harry, Ron und Hermine seinen Babydrachen Norbert in einer Szene. In der
gleichen Szene werden sie dabei von Malfoy beobachtet, der sie sofort verrät
und nur eine Szene später erklärt Hagrid, dass Norbert off-screen weggeschickt
wurde. Eine Entwicklung, die sich im Buch über Wochen zog, geschieht hier in
fünf Minuten.
Und
die Filme sind voll davon.
6. Fehlende
Informationen
Die
Filme schaffen es zum Großteil sich auf das wesentliche der Bücher zu
beschränken. Allerdings kommt es dennoch öfter vor, dass wirklich
handlungsrelevante Informationen ausgelassen wurden.
In
Der Gefangene von Askaban wird nie
erklärt warum Lupin weiß wie die Karte des Rumtreibers funktioniert. Genauso
wenig wie erklärt wird warum Sirius Black und Peter Petigrew sich überhaupt in
Tiere verwandeln können. In Der
Feuerkelch wird nicht erklärt wer Barty Crouch Sr. umgebacht hat oder warum
Voldemort Harry auf dem Friedhof nicht mit seinem Zauberstab töten kann. Dies
wird in den letzten beiden Filmen noch einmal relevant aber auch dort fehlt jede Erklärung.
In
Der Orden des Phönix wird nicht
erklärt was die Prophezeiung, um die sich der ganze Film dreht, überhaupt zu
bedeuten hat und danach wird sie nie wieder erwähnt. In Die Heiligtümer des Todes hat Harry auf einmal eine Spiegelscherbe,
in der er Abberforth Dumbledore sehen kann. Im Buch gehörte diese zu einem
Spiegel, mit dem Harry mit Sirius Black kommunizieren konnte und er hatte sie
seit dem fünften Band. Aber im Film taucht sie aus dem Nichts auf. Und so
weiter, und so weiter….
Früher
konnte ich nicht verstehen, warum Zuschauer, die die Bücher nicht kannten, die
Filme nicht ganz nachvollziehen konnten, weil ich mir als Buchleser die
fehlenden Informationen beim Gucken ergänzt habe. Aber ja, mittlerweile kann
ich es verstehen.
7. Nebenfiguren
bleiben stumm
Es
ist teilweise witzig zu sehen, wie wenig Screentime die einzelnen Nebenfiguren
in den Filmen bekommen. Dean Thomas und Seamus Finnigan sind in fast allen acht
Filmen und ihre Dialoge sind zusammengerechnet wahrscheinlich nicht länger als
fünf oder sechs Minuten. Viktor Krumm hat in Der Feuerkelch zwei ganze Sätze. Auch Figuren wie Crabbe und Goyle
sind fast schon Deko. Crabbe wird ja sogar später ganz klammheimlich
ausgetauscht.
Wirklich
komisch wird es bei Dobby. Er verschwindet nach dem zweiten Film komplett,
taucht im vorletzten Film nur einmal kurz wieder auf um dann direkt eine große,
tragische Sterbeszene zu bekommen.
8. Umbridge ist
schlimmer als Voldemort
Voldemort
mag vielleicht der große Schurke der Reihe und für den Tod von viel mehr
Menschen verantwortlich gewesen sein, aber der hassenswerteste Charakter aus
allen acht Filme ist Dolores Umbridge. Und das meine ich durchaus positiv.
Imelda Stauton spielt eine fantastische Gegenspielerin.
Was
sie unheimlicher als Voldemort macht, ist dass sie wesentlich greifbarer ist
als er. Es gibt nicht viele massenmordende Zauberer in unserem Alltag, aber
mehr als genug inkompetente, rassistische Politiker, deren Weltsicht nicht über
ihre eigene Gesellschaftsklasse hinausgeht und die in der echten Welt richtigen
Schaden anrichten. Von daher war es eine geniale und treffende Entscheidung
ihre Kostüme und ihr Auftreten so sehr nach Margaret Thatcher zu modellieren.
9. Den Umständen
entsprechend…
Wenn
man die Entstehung der Filme betrachtet, merkt man erst was für ein kleines
Wunder sie sind. Denn so vieles in der Produktion der Filme war riskant.
Zunächst mal war es die erste Blockbuster Reihe, die tatsächlich eine
fortlaufende Geschichte über acht Filme erzählt hat. Dann entstanden diese
Filme noch in einem enorm kurzen Zeitraum. Acht Filme in zehn Jahren ist
eigentlich Wahnsinn. UND die Buchreihe war bis zum Dreh des sechsten Filmes
noch nicht abgeschlossen. Man wusste also noch nicht einmal sicher wohin die
Reise ging.
Unter
Anbetracht all dessen wäre es schon eine Leistung gewesen, dass die Filme
halbwegs ansehbar wären, aber dass tatsächlich acht von acht Filmen wirklich
gut sind ist beeindruckend.
10. Die letzten
beiden Filme
Der
Unterschied zwischen den ersten sechs und den letzten beiden Filmen der Reihe
ist enorm. Die Entscheidung das letzte Buch auf zwei Filme zu verteilen mag zur
damaligen Zeit umstritten gewesen sein und war vielleicht aus reiner Geldgier
motiviert, aber es war definitiv die richtige Entscheidung.
Während
man den ersten sechs Filmen deutlich anmerkt, dass es Adaptionen sind, könnten
Teil sieben und acht tatsächlich auch eigenständige Filme sein. Endlich haben
Szenen wirklich genug Raum zum Atmen und sich zu entfalten. Es fehlt auch
tatsächlich kaum etwas Wichtiges aus dem Buch, höchstens die ausführliche
Geschichte über Dumbledores Jugend. Die paar Probleme, die der Film trotzdem
hat, existieren auch fast ausschließlich aufgrund von fehlenden Elementen aus den vorherigen Filmen, die jetzt auf einmal wichtig werden, wie die Erklärung der Spiegelscherbe oder
das urplötzliche Auftauchen von Mundungus Fletcher.
Insgesamt
sind die letzten beiden Filme diejenigen, die den Büchern tatsächlich am
nähesten kommen.
11.
Neuverfilmung?
Ich
habe zwei Dinge bei diesem Marathon festgestellt:
1.
Ich liebe die Harry Potter Filme.
2.
Ich hätte nichts gegen eine Neuverfilmung.
Allerdings
sollte erstmal etwas Zeit ins Land, aber in fünf oder zehn Jahren sollte sich
ruhig noch mal jemand an der Buchreihe probieren. Aber dieses Mal sollte man
nicht versuchen sie als Film zu adaptieren, sondern als Serie. Game of Thrones hat es vorgemacht, und
obwohl ich so meine Probleme mit dieser Serie habe, wäre das Game of Thrones Format genau das
Richtige für Harry Potter.
Man
könnte aus jedem Buch eine Staffel machen. Subplots und Charakterentwicklung
müssten dann nicht zusammengekürzt werden. Man könnte den ganzen Nebenfiguren
mehr Raum geben. Und es gibt sooo viele Szenen, die es nicht in die Verfilmung
geschafft haben….
Ähnlich
wie Game of Thrones müsste man aber
richtig Geld in die Umsetzung investieren, denn der Vergleich mit den Filmen
würde sich aufdrängen. Vor allem braucht man einen ähnlich guten Cast. Aber
abgesehen davon, gäbe es eigentlich nichts, was dem im Wege stünde. Ich für
meinen Teil würde so eine Serie gucken und ich denke ich wäre nicht der
Einzige.
Cooler Rückblick!
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