Sonntag, 15. März 2015

Ein paar Gedanken zu…. Harry Potter!



Henni blickt zurück auf ALLE Harry Potter Filme.

von Henni

 
Ich liebe Harry Potter.

Das ist, denke ich, keine allzu kontroverse Aussage. Wenn es eine Geschichte gibt, die unsere ganze Generation geprägt hat, dann war es die von Harry. Er war oft derjenige, der uns zum Lesen gebracht hat. Wegen ihm standen wir nachts vor Bücherläden und haben sehnsüchtig auf den neuen Band gewartet. Und durch ihn haben wir oft zum ersten Mal verstanden was das Wort Adaption bedeutet; wenn wir nach dem neusten Kinofilm stundenlang diskutiert haben, was anders war als im Buch.

Denn soweit ich mich erinnern kann, waren die Potter Kinofilme immer etwas, was hitzig diskutiert wurde. Den einen waren sie zu anders und es wurde jedes fehlende Handlungselement hervorgehoben. Wieder andere fanden sie perfekt und noch andere haben sich beschwert, dass man die Filme ohne die Bücher nicht versteht. Ich war meistens irgendwo zwischen den ersten beiden Gruppen zu finden, aber ich habe die Filme mittlerweile auch jahrelang nicht mehr gesehen.

Deshalb habe ich mir gedacht, dass jetzt vielleicht genau der Moment wäre sie noch mal mit neuen Augen zu betrachten. Also habe ich über die letzten Wochen verteilt alle 8 Harry Potter Filme am Stück geguckt um zu schauen wie gut sie wirklich als eigenständige Filme funktionieren. Ich wurde mehrfach überrascht.

1. Das Casting ist von Anfang an perfekt!

Eigentlich sollte das nicht so überraschend sein, wenn man bedenkt wie ikonisch viele der Filmcharaktere geworden sind, aber gleich beim ersten Film ist mit klargeworden wie gut das Casting tatsächlich war. So ziemlich jede Rolle ist fast perfekt besetzt. Alan Rickman IST Snape, Maggie Smith IST Professor McGonagall, Robbie Coltrane IST Hagrid.  Der einzige, der mir nicht ganz so gut gefallen hat, ist Richard Harris als Dumbledore. Das aber wahrscheinlich nur, weil mittlerweile Michael Gambon diese Rolle so sehr für sich in Anspruch genommen hat.

Und das fantastische Casting bleibt so für den Rest der Serie. Kenneth Branagh als Gilderoy Lockhart? Genial. Brendan Gleeson als Mad-Eye Moody? Fantastisch. Helena Bonham Carter als Bellatrix Lestrange? Toll. Jim Broadbent als Horace Slughorn? Perfekt. Und Ralph Fiennes als Voldemeort? Einer der besten Kinoschurken unserer Zeit.

Und das sind ja nur die Erwachsenen. Kinder zu casten ist noch viel, viel schwieriger vor allem für eine so lange Filmreihe. Aber auch hier findet man richtige Entscheidung um richtige Entscheidung. Daniel Radcliffe ist von der ersten Minute an liebenswert. Rupert Grint ist witzig und Emma Watson strahlt schon als Kind unglaubliche Würde aus. Und die Chemie der Drei stimmt von der ersten Szene an. Aber auch ihre Mitschüler sind fantastisch. Wann war ein Kind das letzte Mal so hassenswert wie Tom Feltons Draco? Und das dann in den letzten Filmen umzudrehen und ihn sympathisch(er) darzustellen? Eine tolle Leistung. Oder Matthew Lewis als Neville. Auch eine tolle Gradwanderung zwischen lächerlich, bemitleidenswert, stark und witzig.

All diese Darstellung werden meiner Meinung nach auch zu leicht übersehen. Viele Leute glauben bis heute, dass Radcliffe und Co keine besonders guten Schauspieler sind. Was diese Leute übersehen ist was es alleine schon für eine Leistung ist in einem Film nicht unterzugehen, wenn man von Größen wie Alan Rickman, Michael Gambon, Gary Oldman etc. umgeben ist. Und das noch als Kind zu schaffen? Das ist mehr als beeindruckend.

2. Die Sets sind beeindruckend!

Die Filme haben Glück, dass sie einen durchgehenden Production Designer hatten: Stuart Craig. Das schafft trotz der sich abwechselnden Regisseure eine durchgehende Ästhetik. Und was für eine! Die Sets, die Craig und sein Team zusammengezaubert haben, sind fantastisch. Man hätte sich kaum eine bessere Visualisierung von J.K. Rowlings Welt vorstellen können.

Mittlerweile gibt es auch mehrere Parks und eine Ausstellung in London, in denen man die Sets oder Nachbauten von ihnen bestaunen kann. Wie viele andere Filme können schon von sich behaupten, dass die Welt, die sie erschaffen haben, so ikonisch geworden ist, dass normale Kinogänger sich für die Sets aus diesen Filmen interessieren?

3. Hogwarts ändert sich.


Trotz des gleichen Production Designers ändert sich Hogwarts teilweise von Film zu Film. Manchmal kommen nur neue Teile zum Schloss dazu, wie der Astronomieturm und die Holzbrücke im dritten Teil, aber manchmal ändern sich auch schon bekannte Sets, wie der Gryffindor Aufenthaltsraum, deutlich.

Das stört nicht besonders, aber es ist interessant zu beobachten.


4. Die verschiedenen Regisseure

Vier verschiedene Regisseure haben der Filmreihe ihren Stempel aufgedrückt. Chris Columbus (Film I und II), Alfonso Cuarón (Film III), Mike Newell (Film IV) und David Yates (Film V bis VIII).

Chris Columbus kann man vor allem dafür danken, dass er am Anfang der Reihe genau die richtigen Talente versammelt hat. Aber seine Regie ist… okay. Er inszeniert alles sehr flach und ordinär, lockt aber tolle Performances aus einer Gruppe Kinder heraus. Alfonso Cuarón ist einer der großen Meister des Kinos. Er schafft es im dritten Teil die Welt von Harry Potter einzufangen wie niemand vor oder nach ihm. Alleine seine Kamerafahrten durch Hogwarts gehören visuell zum Besten der ganzen Serie.

Mike Newell kann da nicht herankommen, aber er inszeniert den vierten Teil zumindest aufregender als Chris Columbus. David Yates fällt irgendwo zwischen Cuarón und Newell. Er ist erfinderischer als Newell, hat aber auch einige seltsame Ausreißer. Das merkt man vor allem im fünften und sechsten Teil. Dort gibt es einige wirklich komische Perspektiven (z.B. dreht Yates im fünften Teil ohne ersichtlichen Grund manche Einstellungen kopfüber) und einige sehr unsaubere Schnitte. Die letzten beiden Teile inszeniert Yates aber absolut sicher und sie sind von der Regie her das Beste der Serie nach Cuarón.

Insgesamt hätte ich mir aber mehr gewünscht. Sowohl mehr Cuarón als auch mehr Abwechslung. Vor allem wenn man bedenkt was alles zu gewissen Zeitpunkten geplant war. Cuarón sollte ursprünglich auch noch den vierten Teil drehen. Außerdem wurde mit verschiedensten anderen Regisseuren verhandelt, darunter so Größen wie Steven Spielberg, Terry Gilliam und Guillermo del Toro. Ich wüsste zu gerne wie deren Vision ausgesehen hätte.

5. Es passiert viel…

Harry Potter war eine sehr schwer zu adaptierende Buchreihe. Da sie zum Teil im Bildungsroman Genre zuhause sind, sind die Romane vollgestopft mit Details, Nebenfiguren und kleinen, aber wichtigen Momenten. Außerdem bauen die Bücher nicht auf einer Szene-für-Szene Dramaturgie wie in einem Film auf, sondern Entwicklungen ziehen sich langsam über längere, in der Erzählung zusammengefasste Zeiträume. Außerdem ist ein Film generell eh begrenzter als ein Buch, weil ein Film dafür gedacht ist am Stück konsumiert zu werden und deswegen selten über zwei oder drei Stunden geht. Wohingegen ein Buch nicht am Stück gelesen werden muss und deswegen theoretisch kein Seitenlimit hat.

Eine so umfangreiche Erzählung in einem begrenzten Zeitrahmen einzufangen hat zur Folge, dass die Filme wirklich bis zum Rand mit Handlung vollgestopft sind. Teilweise werden Subplots in nur ein paar Szenen abgehandelt. In Der Stein der Weisen z.B. zeigt Hagrid Harry, Ron und Hermine seinen Babydrachen Norbert in einer Szene. In der gleichen Szene werden sie dabei von Malfoy beobachtet, der sie sofort verrät und nur eine Szene später erklärt Hagrid, dass Norbert off-screen weggeschickt wurde. Eine Entwicklung, die sich im Buch über Wochen zog, geschieht hier in fünf Minuten.

Und die Filme sind voll davon.

6. Fehlende Informationen

Die Filme schaffen es zum Großteil sich auf das wesentliche der Bücher zu beschränken. Allerdings kommt es dennoch öfter vor, dass wirklich handlungsrelevante Informationen ausgelassen wurden.

In Der Gefangene von Askaban wird nie erklärt warum Lupin weiß wie die Karte des Rumtreibers funktioniert. Genauso wenig wie erklärt wird warum Sirius Black und Peter Petigrew sich überhaupt in Tiere verwandeln können. In Der Feuerkelch wird nicht erklärt wer Barty Crouch Sr. umgebacht hat oder warum Voldemort Harry auf dem Friedhof nicht mit seinem Zauberstab töten kann. Dies wird in den letzten beiden Filmen noch einmal relevant aber auch dort fehlt jede Erklärung.

In Der Orden des Phönix wird nicht erklärt was die Prophezeiung, um die sich der ganze Film dreht, überhaupt zu bedeuten hat und danach wird sie nie wieder erwähnt. In Die Heiligtümer des Todes hat Harry auf einmal eine Spiegelscherbe, in der er Abberforth Dumbledore sehen kann. Im Buch gehörte diese zu einem Spiegel, mit dem Harry mit Sirius Black kommunizieren konnte und er hatte sie seit dem fünften Band. Aber im Film taucht sie aus dem Nichts auf. Und so weiter, und so weiter….

Früher konnte ich nicht verstehen, warum Zuschauer, die die Bücher nicht kannten, die Filme nicht ganz nachvollziehen konnten, weil ich mir als Buchleser die fehlenden Informationen beim Gucken ergänzt habe. Aber ja, mittlerweile kann ich es verstehen.

7. Nebenfiguren bleiben stumm

Es ist teilweise witzig zu sehen, wie wenig Screentime die einzelnen Nebenfiguren in den Filmen bekommen. Dean Thomas und Seamus Finnigan sind in fast allen acht Filmen und ihre Dialoge sind zusammengerechnet wahrscheinlich nicht länger als fünf oder sechs Minuten. Viktor Krumm hat in Der Feuerkelch zwei ganze Sätze. Auch Figuren wie Crabbe und Goyle sind fast schon Deko. Crabbe wird ja sogar später ganz klammheimlich ausgetauscht.

Wirklich komisch wird es bei Dobby. Er verschwindet nach dem zweiten Film komplett, taucht im vorletzten Film nur einmal kurz wieder auf um dann direkt eine große, tragische Sterbeszene zu bekommen.

8. Umbridge ist schlimmer als Voldemort

Voldemort mag vielleicht der große Schurke der Reihe und für den Tod von viel mehr Menschen verantwortlich gewesen sein, aber der hassenswerteste Charakter aus allen acht Filme ist Dolores Umbridge. Und das meine ich durchaus positiv. Imelda Stauton spielt eine fantastische Gegenspielerin.

Was sie unheimlicher als Voldemort macht, ist dass sie wesentlich greifbarer ist als er. Es gibt nicht viele massenmordende Zauberer in unserem Alltag, aber mehr als genug inkompetente, rassistische Politiker, deren Weltsicht nicht über ihre eigene Gesellschaftsklasse hinausgeht und die in der echten Welt richtigen Schaden anrichten. Von daher war es eine geniale und treffende Entscheidung ihre Kostüme und ihr Auftreten so sehr nach Margaret Thatcher zu modellieren.

9. Den Umständen entsprechend…

Wenn man die Entstehung der Filme betrachtet, merkt man erst was für ein kleines Wunder sie sind. Denn so vieles in der Produktion der Filme war riskant. Zunächst mal war es die erste Blockbuster Reihe, die tatsächlich eine fortlaufende Geschichte über acht Filme erzählt hat. Dann entstanden diese Filme noch in einem enorm kurzen Zeitraum. Acht Filme in zehn Jahren ist eigentlich Wahnsinn. UND die Buchreihe war bis zum Dreh des sechsten Filmes noch nicht abgeschlossen. Man wusste also noch nicht einmal sicher wohin die Reise ging.

Unter Anbetracht all dessen wäre es schon eine Leistung gewesen, dass die Filme halbwegs ansehbar wären, aber dass tatsächlich acht von acht Filmen wirklich gut sind ist beeindruckend.

10. Die letzten beiden Filme

Der Unterschied zwischen den ersten sechs und den letzten beiden Filmen der Reihe ist enorm. Die Entscheidung das letzte Buch auf zwei Filme zu verteilen mag zur damaligen Zeit umstritten gewesen sein und war vielleicht aus reiner Geldgier motiviert, aber es war definitiv die richtige Entscheidung.

Während man den ersten sechs Filmen deutlich anmerkt, dass es Adaptionen sind, könnten Teil sieben und acht tatsächlich auch eigenständige Filme sein. Endlich haben Szenen wirklich genug Raum zum Atmen und sich zu entfalten. Es fehlt auch tatsächlich kaum etwas Wichtiges aus dem Buch, höchstens die ausführliche Geschichte über Dumbledores Jugend. Die paar Probleme, die der Film trotzdem hat, existieren auch fast ausschließlich aufgrund von fehlenden Elementen aus den vorherigen Filmen, die jetzt auf einmal wichtig werden, wie die Erklärung der Spiegelscherbe oder das urplötzliche Auftauchen von Mundungus Fletcher.

Insgesamt sind die letzten beiden Filme diejenigen, die den Büchern tatsächlich am nähesten kommen.

11. Neuverfilmung?

Ich habe zwei Dinge bei diesem Marathon festgestellt:

1. Ich liebe die Harry Potter Filme.
2. Ich hätte nichts gegen eine Neuverfilmung.

Allerdings sollte erstmal etwas Zeit ins Land, aber in fünf oder zehn Jahren sollte sich ruhig noch mal jemand an der Buchreihe probieren. Aber dieses Mal sollte man nicht versuchen sie als Film zu adaptieren, sondern als Serie. Game of Thrones hat es vorgemacht, und obwohl ich so meine Probleme mit dieser Serie habe, wäre das Game of Thrones Format genau das Richtige für Harry Potter.

Man könnte aus jedem Buch eine Staffel machen. Subplots und Charakterentwicklung müssten dann nicht zusammengekürzt werden. Man könnte den ganzen Nebenfiguren mehr Raum geben. Und es gibt sooo viele Szenen, die es nicht in die Verfilmung geschafft haben….

Ähnlich wie Game of Thrones müsste man aber richtig Geld in die Umsetzung investieren, denn der Vergleich mit den Filmen würde sich aufdrängen. Vor allem braucht man einen ähnlich guten Cast. Aber abgesehen davon, gäbe es eigentlich nichts, was dem im Wege stünde. Ich für meinen Teil würde so eine Serie gucken und ich denke ich wäre nicht der Einzige.

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