von Henni
Tschuldigung
wegen der Verspätung.
Wegen
der RIESIGEN Verspätung.
2015
war ein sehr anstrengendes Jahr für mich und ich bin einfach noch nicht dazu
gekommen meine jährliche Liste zusammenzustellen. Was auch daran lag, dass ich
mich lange nicht für 10 ganze Filme entscheiden konnte. Es gab zwar viele
Filme, die mir sehr, sehr gut gefallen haben (z.B. Mission Impossible: Rogue Nation, Der Marsianer, Steve Jobs,
White God), aber bei denen es sich
einfach nicht richtig angefühlt hat, sie auf diese Liste zu setzen.
Das
soll auf keinen Fall heißen, dass dieses Jahr schlecht für Filme war. Denn das
genaue Gegenteil ist der Fall. Von den ca. 45 Filmen die ich dieses Jahr
gesehen habe, waren höchstens 5-6 nicht besonders gut. Das ist einer der Gründe
warum ich mir dieses Jahr eine Top 10 der schlechtesten Filme spare. Ich komme
einfach nicht auf genug Filme, die ich nicht mochte. Außerdem habe ich nicht
wirklich viel mehr über diese Filme zu sagen. Über Birdman und Victoria
habe ich mich schon zur Genüge ausgelassen. Außerdem hab ich das Gefühl, dass
dieser Blog in letzter Zeit zu negativ war und nicht genug Filme einfach nur gefeiert
hat.
Der
Vollständigkeit halber, kann ich vielleicht noch erwähnen, dass die große
Enttäuschung des Jahres für mich der neue Star
Wars war. Denn wenn ich Episode IV
sehen möchte, gucke ich Episode IV.
Ich brauche nicht J.J. Abrams wiederaufgewärmte Fanfiction Version eines
Filmklassikers. Aber der wirklich schlechteste Film des Jahres war für mich Hunger Games: Mockingjay Part 2: The Big
Letdown Part 1. Ein absolut unwürdiges Finale einer bis dahin fantastischen
Reihe, das von zu großer Buchnähe und enormen Pacing Problemen geplagt wird.
Okay,
das war schon wieder viel zu negativ für meinen Geschmack. Lasst uns
stattdessen 10 fantastische Filme feiern!
10. Wet Hot
American Summer: First Day of Camp
Ich
meine, lasst uns 9 fantastische Filme und eine fantastische Miniserie feiern!
…Ja,
wie gesagt, ich hatte Probleme auf 10 Filme zu kommen. Und First Day of Camp zählt doch bestimmt als Film. Es ist das Prequel
zu einem Kultfilm, ist mit Filmstars wie Bradley Cooper und Chris Pine besetzt
und wurde von David Wain geschaffen, einem der besten heutigen Kino-Regisseure
für abstruse Komik.
Außerdem
ist First Day of Camp einfach
fantastisch. Die Netflix-exklusive Miniserie nimmt alles was den Original Wet Hot American Summer großartig
gemacht hat und dreht es noch weiter auf. Also wird aus der 80er Teeniekomödien
Parodie hier eine 80er Jahre Verschwörungsthriller; komplett mit Profikillern,
radioaktivem Müll und Ronald Reagan als Oberbösewicht. Außerdem geht es noch um
Chris Pine als einen verschollenen Rockstar, sprechende Dosen, junge Liebe und
darum so viele großartige Gaststars wie möglich unterzubringen. Die ergänzen
wunderbar den komplett zurückgekehrten Original Cast. Wirklich jede Performance
landet gezielt und sorgt für Lacher. Dazu sieht das Ganze auch noch besser aus,
als so mancher Film dieses Jahres.
Wet Hot American
Summer: First Day of Camp gehört zu dem Witzigsten und Besten, was ich dieses
Jahr gesehen habe. Eine wunderbar abgedrehte Komödie für Fans surrealen Humors
und vielleicht das einzige Prequel zu einem Kultfilm, was je funktioniert hat.
9. Ex Machina
Die
besten Filme, oder besser gesagt, die beste Kunst reißt uns aus unserer
moralischen Komfortzone und konfrontiert uns mit Dingen, die wir uns selber
nicht eingestehen wollen. Ohne zuviel zu spoilern, kann ich sagen, dass das
Ende von Ex Machina für mich ein
emotionaler Schlag in die Magengrube war, der mir einige furchtbare
Einstellungen gezeigt hat, die ich immer noch mit mir herumtrage, obwohl ich bereits
dachte sie überwunden zu haben. Dank Ex
Machina kann ich jetzt daran arbeiten.
Aber
auch ohne diesen besonderen, persönlichen Aspekt ist Ex Machina ein fantastischer Science Fiction Film mit einer
hervorragend durchdachten Geschichte über die Konstruktion von
Geschlechtsidentitäten, einer herausragend widerlichen Performance von Oscar
Isaac und einer wunderschön kühlen und präzisen Cinematographie.
8. Selma
Selma hätte nicht
passender zum aktuellen Zeitgeschehen herauskommen können. In Zeiten, in denen
weiße Konservative versuchen Martin Luther King für sich zu beanspruchen,
erinnert uns Selma wofür King
wirklich stand. Der Film bricht das weichgespülte Bild Kings auf und zeigt ihn
als kalkulierten Strategen, der mit seiner radikalen Botschaft, dass
Afroamerikaner auch Menschen sind, gegen schier unüberwindbare Widerstände anläuft.
Der
Film begeht dabei nicht den Fehler den heutigen (weißen) Zuschauer zu sehr für
seine angebliche Fortschrittlichkeit auf die Schulter zu klopfen. Stattdessen
lässt Selma den Schrecken des
Amerikas der 60er wie in einem Horrorfilm wieder aufleben. Und lässt uns mit
dem Gefühl zurück, dass sich nicht ansatzweise soviel geändert hat, wie es
nötig wäre.
7. Kingsman
Es
gab dieses Jahr ganze sechs James Bond Filme. Wie? Ihr habt nur von Spectre gehört? Was ist denn mit Mission Impossible: Rogue Nation, The Man from U.N.C.L.E., Fast and Furious 7, Spy und natürlich Kingsman? All diese Filme checken die typischen Bonds Storybeats ab
(exotische Locations, heiße Frauen, cartoonige Superschurken mit
Welteroberungs-/-vernichtungsplänen etc.) und sie waren außerdem noch alle
besser als Spectre.
Kingsman sticht aus
diesem beeindruckenden Feld durch intelligente Genre Dekonstruktion und
absolute Unverfrorenheit heraus. James Bond wurde sicher schon oft und gut
persifliert. Aber noch nie war eine Bond Satire so bitterböse und hat die
Grenzen des guten Geschmacks so weit übertreten. Kingsman gibt dem Bond Fan die bekannten Storyelemente, die er möchte,
und zeigt ihm im gleichen Moment wie krank sie tatsächlich sind. Der Film geht
dabei bis an die Schmerzgrenze und weit darüber hinaus. Großartig.
6. They came
together
Und
das zweite Mal David Wain auf dieser Liste. Der Mann hatte einfach ein gutes
Jahr. They came togehter ist die
perfekte Parodie einer typischen romantischen Komödie. Kein Rom-Com Klischee
bleibt verschont, vom überzogenen Last-Minute Liebesbeweis bis zu den viel zu
zahlreichen Nebenfiguren mit eigenen Subplots. Dass der Film dabei nicht zur
simplen Klischee-Parodie-Checkliste verkommt, liegt an zwei Dingen.
Erstens
reichert Wain das Ganze mit wunderbar surrealistischen Exkursen an, die den
Zuschauer plötzlich aus dem Nichts überraschen. Und zweitens hat Wain mit
seinen Hauptdarstellern Amy Pohler und Paul Rudd ein Leinwandpaar gefunden, das
inmitten von Satire und Surrealismus noch genug Menschlichkeit finden kann um die
Zuschauer selbst dann bei ihrer Liebesgeschichte mitfierbern zu lassen, wenn es
sich um eine bitterböse Parodie handelt. Ach ja, und der Film ist sehr lustig.
5. Inherent Vice
Was
kriegt man wenn man Thomas Pynchon und Paul Thomas Anderson miteinander mischt?
Eine fantastische Mischung aus Noir und Stonerfilm. Joaquin Phoenix spielt Doc,
den zugekifftesten Detektiv der Filmgeschichte, der einen Fall lösen soll, bei
dem Nazis, verschwundenen Millionäre, Zahnärzte und ein geheimnisvolles Schiff
irgendwie irgendeine Rolle spielen. So ganz hat da niemand den Durchblick. Weder
die Charaktere, noch die Zuschauer.
Was
folgt ist zu gleichen Teilen eine Parodie auf unverständlich komplexe Noir
Klassiker, eine Momentaufnahme des Untergangs der Flower Power Generation,
Gesellschaftssatire und purer Dadaismus. Dabei ist Inherent Vice zu jeder Zeit unglaublich energiegeladen und ein
fantastischer Trip. Echte Drogen können das kaum toppen.
4. Magic Mike
XXL
Es
ist faszinierend und zugleich frustrierend was für ein falsches Bild Menschen
von den Magic Mike Filmen haben. Verschrien als „Kitsch“ oder „Frauenfilme“
(was ist daran bitte so schlimm?), sind sie in Wahrheit eines der
interessantesten Franchises der heutigen Zeit. Ins Leben gerufen von einem der
größten Regisseure unserer Zeit: Steven Soderbergh. Für Teil Zwei hat der
Altmeister den Regiestuhl nun an seinen langjährigen Kreativpartner Gregory
Jacobs abgegeben, der seinen Mentor hier noch übertrifft.
War
Teil Eins noch eine nüchterne Betrachtung der Strippindustrie und eine
Allegorie für die Wirtschaftskrise und dementsprechend bedrückend, ist Magic Mike XXL eine feuchtfröhliche
Party und eine Zelebrierung von Sex, weiblicher Sexualität und Männlichkeit. Keine
Angst, auch wenn das so klingt, ist der Film kein stumpfer Porno, sondern eine
intelligente Meditation über die Rolle des modernen Mannes. Und der redet laut Magic Mike XXL über seine Gefühle,
achtet weibliche Sexualität und verzichtet auf dummes Machogehabe. Es ist gar
nicht in Worte zu fassen wie selten und erfrischend so ein Verständnis von
Männlichkeit in Filmen ist. Dafür kann man den Film nicht genug loben. Magic Mike XXL ist eine Anleitung für
den modernen Mann.
3. Alles steht
Kopf
Pixar
ist zurück! Nach mehreren Jahren voller enttäuschender Sequels und Filmen, die
gerade gut genug sind, hat Pixar uns endlich wieder alle daran erinnert, warum
wir uns ursprünglich in sie verliebt hatten. Alles steht Kopf hat alles was einen Pixar Klassiker ausmacht:
Fantastische Designs, großartig geschriebene Charaktere und komplexe Themen
kindgerecht aufgearbeitet.
Wobei
sie diese Mischung endgültig perfektioniert zu haben scheinen. Alles steht Kopf ist ohne Zweifel einer
der besten Pixar Filme aller Zeiten und fraglos ein neuer Kinderfilmklassiker.
Und ich beneide jedes Kind, das dieses Jahr von der vordergründigen Abenteuergeschichte
des Films mitgerissen wurde. Nur um in ein paar Jahren zu entdecken, dass sein
Kindheitslieblingsfilm unter der Oberfläche eine der tiefgehendsten
Examinierungen von Identität, Emotionen und Erwachsenwerden versteckt hielt. Und
ihnen die Werkzeuge in die Hand gedrückt hat, sich wirklich mit ihrem
emotionalen Innenleben zu beschäftigen.
2. We are the
Best!
Ich
habe mich noch nie mit einer fiktiven Figur so sehr identifizieren können, wie
mit der Protagonistin dieses Films. Was eine ziemliche Leistung ist, denn es
geht um drei dreizehnjährige Mädchen, die im Stockholm der 80er Jahre eine
Punkband gründen wollen, obwohl sie keine Instrumente spielen können. Diese
Prämisse ist eigentlich so weit von meiner Lebenssituation entfernt, wie es nur
geht. Und doch hat mich We are the Best mitgerissen und
persönlich angesprochen, wie kaum ein anderer Film dieses Jahres.
Zum
Teil liegt das einfach daran, dass Regisseur Lukas Moodyson ein Meister der
Empathie ist. Der fertige Film strotzt nur so vor Menschlichkeit und Liebe für
seine Figuren. Wenn der Abspann rollt, hat man das Gefühl sich von richtigen
Menschen statt nur von Charakteren zu verabschieden. Allein das würde schon
reichen um den Film einen Platz in den Top 5 dieser Liste zu sichern. Aber We are the Best hat es darüber hinaus
noch geschafft Gefühle so klar zu artikulieren, die ich seit Jahren mit mir
herumgeschleppt hab, dass mir tatsächlich die Tränen kamen. Filme können etwas
ganz persönliches für uns sein. We are
the Best wird mich für immer begleiten.
1. Mad Max: Fury
Road
Was
kann man zu Fury Road noch sagen,
was nicht schon gesagt wurde? Das einzige Adjektiv was ihm gerecht wird, ist
„perfekt“. Fury Road setzt einfach
jeden einzelnen Aspekt des Filmemachens perfekt um.
Visuelles
Storytelling? Ich kann mich an kaum einen anderen Film der letzten Jahre mit
einer so klar artikulierten Bildsprache erinnern. Ganze Gesellschaften werden
nur durch visuelle Details erklärt. Regie? George Miller bringt mit seinen 70
Jahren mehr Energie mit, als irgendein anderer lebender Filmemacher. Er bringt
uns sowohl einen der bestaussehendsten, als auch einen der bestgespielten Filme
des Jahres. Wo wir gerade beim Thema sind: der Cast. Tom Hardy lässt einen
direkt vergessen, dass es mal einen anderen Mad Max gab. Charlize Theron
schafft mit Furiosa eine direkt ikonische Actionheldin. Nicholas Houldt zeigt,
dass er auch als Charakterdarsteller punkten kann. Und Hugh Keays-Byrne kämpft
sich in nur wenigen Szenen in den Kanon der großen Filmschurken. Das Skript?
Perfekt. Das Editing? Perfekt. Perfekt. Perfekt. Es gibt wirklich kein anderes
Wort für Fury Road.
Exotische Locations sind doch keine Storybeats - An1979
AntwortenLöschen